Es gibt viele Wahrheiten, in jedem von uns. Nicht nur die eine, die Sichtbare, die wir gerne allen zeigen.
Nein, es gibt auch die, die wir den halben Tag zu verstecken versuchen. Die Seiten, die zu verstecken uns an manchen Tagen so viel Energie abverlangen, dass wir kaum noch Energie für andere Dinge aufbringen.
Ich bin nun 36 Jahre alt, und ehrlich gesagt habe ich einfach keine Lust mehr, meine Energie zu verschwenden, um die Seiten, die ich nicht gerne habe, zu verstecken.
Darum lass mich heute ganz ehrlich sein.
Nein, Barbie bin ich keine. Ich wiege so viel, dass ich laut BMI übergewichtig bin. Ich trinke gerne zu viel. Ich esse Fleisch, und nach einem veganen Testjahr habe ich das Lachsfilet am Teller meines Gegenübers fast weggestiert.
Ich liebe es zu Lachen, und für mich gibt es nichts Schöneres, als mit einem anderen Menschen Tränen zu lachen. Leider habe ich in den letzten Jahren immer weniger gelacht. Wahrscheinlich habe ich mir keine Zeit dafür nehmen wollen, weil ja immer sonst so viel zu tun war.
Ich bin sportlich, eine Tatsache, die mir mein fünfzehnjähriges Alter Ego niemals glauben würde. Yoga, laufen, wandern, trainieren, surfen, ... all das lässt mich spüren, wo ich anfange, und wo ich ende. An Tagen, an denen ich mich ausgepowert habe, bin ich immer glücklich. Und immer soll man gar nicht sagen, das sagt mir zumindest mein Aberglaube.
Ich koche gesund, meistens regional, saisonal, bio. Am Schönsten wäre es für mich, wenn es mir leichtfallen würde, auf Fleisch zu verzichten, weil ich Tiere liebe. Schon als Teenager habe ich Geld für Greenpeace und später den VGT gesammelt.
Das häufigste Kompliment, das ich in meinem Leben bekommen habe, ist, dass ich ein Strahlen verbreite, wenn ich lache. Und bis heute ist es das Kompliment, über das ich mich am meisten freue, weil es mir zeigt, dass ich trotzdem ich älter geworden bin, noch immer da bin.
Ich spüre meinen Körper und bin sehr achtsam mit mir selbst. Für mich gab es nie einen Zweifel, dass mir mein Körper mit Schmerzen sagt, was er braucht. Und ich höre zu. Das hat uns in den letzten Jahren zu einem guten Team werden lassen. Auch wenn ich derzeit verletzt bin, manchmal passiert es einfach, so achtsam ich mit mir bin.
Ich nehme mir viel vor: Tägliche Meditation, mehr Krafttraining, weiter und schneller laufen, weniger zu trinken und zu essen, nur um am Ende der Woche klar vor Augen zu haben, dass ich meinen Vorgaben nicht entsprochen habe.
Ich verbringe die Hälfte eines jeden Urlaubs damit, mir am Strand im Bikini böse Vorwürfe zu machen, weil ich vor dem Urlaub wieder nicht abgenommen habe. Die andere Hälfte ziehe ich den Bauch ein, bewege mich im Bikini weniger als ich gerne möchte, vor Scham und Angst, jemand könnte das sehen, was ich sehe.
Wenn ich ein Kompliment zu meiner Figur bekomme lächle ich es weg, und im Kopf füge ich ein "Ja klar" dazu.
Ich liebe es, Yoga zu unterrichten, es macht mir großen Spaß und gleichzeitig fordert es mich. Ich war es nämlich nicht gewöhnt, dass mir jemand zuhört, wenn ich etwas sage. Dass ich Ahnung von etwas habe, und es anderen sogar beibringen könnte. Dass es Menschen gibt, die Geld dafür zahlen, dass ich mein Wissen mit ihnen teile. Und am schlimmsten ist es, wenn ich auf Social Media andere Yogalehrende sehe und mich frage, wie mich überhaupt jemand als Yogalehrerin ernstnehmen kann, wenn ich doch gar nicht so aussehe, wie die auf Social Media.
Schreiben bedeutet die Welt für mich, und leider habe ich damit aufgehört. Warum weiß ich nicht genau. Doch man kann Dinge wieder neu beginnen, selbst wenn man aufgehört hat.
Und das mache ich. Denn das ist das Leben. Jede Seite gehört dazu, wie in einem Buch, das man aufschlägt.
Darum möchte ich dir heute sagen:
Hör auf damit, die Seiten, die du nicht so gerne hast, zu verstecken.
Hör einfach auf. So wie ich heute.
Denn es ist vollkommen egal, ob du eine Seite magst oder nicht, denn sie ist da. Und sie wird auch nicht weggehen, wenn du so tust, als gäbe es sie nicht.
Lass uns aufhören, die Bäuche einzuziehen und stattdessen im Bikini ein Rad im Sand schlagen.
Lass uns aufhören, den Mund zu halten, weil wir Angst haben, falsch zu liegen, und stattdessen unsere Meinung laut sagen.
Lass uns aufhören, uns schlecht zu fühlen, weil wir in einer Schublade keinen Platz haben, und stattdessen auf die Kommode springen und darauf tanzen.
Weil es unterm Strich genau darum geht:
Du bist du und ich bin ich. Und das ist verdammt gut so.
Breathe.In.Breathe.Out
Namasté
deine Moni
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