Dankbarkeit
Und was es damit auf sich hat

Dankbarkeit - etwas von dem man ständig hört. Vor allem, wenn es um Yoga geht. Man schlägt ein Magazin auf, und da steht es schon in fetten Lettern: "DANKBARKEIT".
Wir alle kennen dieses Wort, wir alle verstehen, was darunter gemeint ist. Doch leben wir es auch?
Heute habe ich mich mit einer Schülerin zu diesem Thema ausgetauscht. In unserem Gespräch ging es um Dankbarkeit, und darum, warum es uns Menschen oftmals viel leichter fällt, zu sehen, was wir nicht haben, als zu erkennen, was wir alles haben. Weil unser Blick so sehr darauf geschärft ist, zu erkennen, was fehlt.
Dazu habe ich nun ein wenig recherchiert. Woher kommt das, dass wir leichter erkennen, was fehlt, als was da ist, zu sehen?
Nun, das liegt in unserer Natur. Dafür zuständig ist laut Wissenschaftler:innen der sogenannte "Negativity Bias" oder "Negativitätseffekt". Es handelt sich um ein Überbleibsel aus längst vergangener Zeit.
Wir mussten damals Gefahren und Risiken schnell erkennen - nur so konnten wir überleben. Und das macht auch durchaus Sinn. Wir Menschen lebten ja früher noch ganz anders. Es war wichtig, mögliche Probleme zu erkennen, weil wir nur so am Leben blieben. Ob zu wenig Nahrung vorhanden war, oder jemand verletzt war. Ob Gefahr drohte, weil der Säbelzahntiger hinter dem nächsten Busch lauerte. Positives zu erkennen war im Gegensatz dazu nicht so wichtig.
Das ist doch überhaupt nicht mehr zeitgemäß, meinst du? Ja, da hast du wohl recht. Aber es sitzt in unseren Knochen, hat unsere Ahnen über so viele Jahrtausende begleitet, dass es noch länger dauern wird, bis die alten Mechanismen gegen Neuere ausgetauscht werden.
Aber wie wir wissen, ist nichts in Stein gemeißelt, wir schaffen unsere Wirklichkeit selbst. Doch wie können wir das anstellen?
"Um klar zu sehen, genügt ein Wechsel der Blickrichtung."
Antoine de Saint-Exupéry
Am Ende meines Yogaunterrichts lade ich dich immer dazu sein, nachzufühlen, was du an diesem Tag erlebt hast. Etwas, für das du dankbar sein kannst. Das kann eine Kleinigkeit sein, wie ein unerwartetes Lächeln, das dir geschenkt wurde. Es kann eine feste Umarmung oder ein liebes Kompliment gewesen sein. Vielleicht hast du aber heute auch seit langem keine Rückenschmerzen, oder hast ein Bad genossen. Was immer du an diesem Tag erlebt hast, es gibt bestimmt eine Sache, für die du dankbar sein kannst.
Und es ist so wichtig, dass wir diese eine Sache wertschätzen. Doch noch viel mehr als wertschätzen. Wir müssen sie WAHRNEHMEN. Erst durch bewusstes Wahrnehmen wird es uns möglich, etwas wertzuschätzen. Und damit beginnt der Weg in die Dankbarkeit.
„Danken ist eine Liebeserklärung an das Leben.“
Irina Rauthmann