Und wohin sie dich führen können.
Heute möchte ich meine Erfahrungen zum Thema Rückschritte mit dir teilen.
Dieses Jahr im Herbst sagte ich stolz: "Ich bin so fit wie nie zuvor, nichts kann mich mehr aufhalten. Das Training wird ab sofort gesteigert." Und beinahe zeitgleich verletzte ich mich. Es passierte so nebenbei, dass ich die Ausmaße der Verletzung erst Wochen danach begriff. In dem Moment, als mir der Arzt sagte, dass nun sechs Wochen Schonung angesagt seien. Kein Laufen. Kein Wandern. Kein Training. Kein Yoga. Blanker Horror in meiner Welt zu diesem Zeitpunkt.
Doch anfangs nahm ich es gelassen, was waren schon sechs Wochen? Die würden schnell vergehen, und ich würde wieder so weitermachen wie zuletzt.
Sechs Wochen Schonung bedeutete aber, dass ich den Muskeln beim Schrumpfen beinahe zusehen konnte. Tag für Tag wurden sie weniger. Alles, was ich mir aufgebaut hatte war plötzlich weg - puff, aus der Traum.
Mein Yogaunterricht, der fiel erstmal aus. Ich dachte mir, ich könne ja einfach mehr meditieren, doch mir war nicht bewusst, wie sehr ich Bewegung brauche, um meinen Geist zur Ruhe zu bringen. Das fiel mir Tag um Tag mehr auf.
Doch man kann gewisse Umstände nicht ändern, sofern man selbst nicht zaubern kann. Da ich bisher über keine nennenswerten hexenartigen Eigenschaften verfüge, war also nichts zu machen. Ich musste die Verletzung aussitzen. Und so lagerte ich hoch, kühlte ich, machte Umschläge, wartete. Doch sechs Wochen ohne Bewegung sind für sportliche Menschen verdammt lang.
Und so überlegte ich weiter: Was will mir mein Körper mit dieser Verletzung sagen?
Langsam kam Angst auf: Was mache ich, wenn sich mein Knie nicht mehr ganz erholt? Wie könnte mein Leben aussehen?
Da dämmerte es mir: Ich hatte in den letzten Monaten immer mehr von mir verlangt, nie war ich schnell, stark oder schlank genug, deshalb musste ich immer noch eins draufsetzen. Ich unterrichtete an drei Abenden pro Woche, neben meinem Bürojob, freie Abende wurden spärlich. Wollte ich etwas abends unternehmen hatte ich gerade mal einen Abend und das Wochenende dafür Zeit. Schon lange hatte ich überlegt, das zu ändern, doch es bedeutete einen Rückschritt für mich, war gleichbedeutend mit Versagen.
"Manchmal muss man alle Stecker ziehen, damit die Akkus aufladen können."
Kirstin Nickelsen
Ich dachte nach vier Wochen immer noch, dass es "danach" so weitergehen würde, wie es zuvor war. Dass ich mit Schlag Mitternacht nach sechs Wochen wieder ganz hergestellt sei, ohne Schmerzen, ohne Muskelschwund. Doch das Leben belehrte mich eines Besseren.
Es ist nun mehr als 6 Wochen her, 77 Tage, 1848 Stunden und ich spüre immer noch die letzten Zuckungen der Verletzung, meine Grenzen sind wesentlich schneller als früher erreicht. In den letzten Wochen machte ich ganz kleine Fortschritte, und jeder davon bedeutet die Welt für mich.
Alles was kommt, so mühsam und anstrengend es oft ist, bietet uns auch eine Chance. Eine Chance für Wachstum, eine Lektion, die wir lernen können. Ich schreibe bewusst "können", weil wir uns natürlich auch komplett widersetzen, und nichts für uns mitnehmen müssen.
"Denke daran, dass etwas, was du nicht bekommst, manchmal eine wunderbare Fügung des Schicksals sein kann."
Dalai Lama
Das Schöne, den eigenen Körper durch Yoga wieder komplett neu zu entdecken
Meine ersten Asanas, Yogaübungen, waren im Stehen. Ich habe mich durchgestreckt, meine Seiten gedehnt, und vorgebeugt. Dann habe ich auf mühsamste Art und Weise versucht, ohne mein Knie zu belasten, in Rückenlage zu kommen. Und dort habe ich ergründet, erforscht, gespürt. Mein Körper hat mir alles gezeigt, was ihm gefällt und guttut, und genauso hat er mir gleich gezeigt, wenn er für etwas noch nicht bereit war.
Und so konnte ich Tag für Tag meine Mobilität wieder ausbauen. Es waren nur ganz kleine Schritte, Tag für Tag ein bisschen mehr. Und dann: konnte ich meinen ersten herabschauenden Hund genießen. Und wie ich ihn genossen habe.
Ich lotete meine Krieger aus, bewegte mich durch meinen ersten Sonnengruß und versuchte meinen Delphin wiederzuentdecken. Ich war eine Kobra, und die Sphinx, und fühlte mich wie damals, ganz zu Beginn, als ich Yoga für mich entdeckte. Da wurde mir eines ganz klar: Ich würde mich auch heute nochmal für Yoga entscheiden. Und so entschied ich mich neu dafür und ergründete mich wieder neu mit Yoga.
Das Mögliche, das sich uns anbietet
Und genau da liegt meine heutige Botschaft an dich: So herausfordernd manche Situationen uns auch erscheinen, es liegt absolut in unserer Kraft, sie zu gestalten, zu verändern, und zu beeinflussen.
Yoga mit all seiner Kraft noch einmal neu mit den körperlichen Einschränkungen, die man vom Beginn des eigenen Yogaweges kennt, für sich zu entdecken, war eine großartige Erfahrung für mich. Die Kunst und Symphonie des Bewegtseins wiederzufinden hat mich erneut mit Demut für die faszinierende Welt des Yoga erfüllt.
"Demut ist nur Akzeptanz dessen, was ist."
Sadhguru
Was ich außerdem gelernt habe
Ich habe eingesehen, dass ich wieder für mehr freie Abende für mich sorgen muss. Um zu regenerieren, meine Batterien wieder aufzuladen. Oder einfach nur, um die freien Abende mit einer guten Freundin zu verbringen. Und soll ich dir etwas sagen? Meine Angst, war unbegründet, denn mit Versagen oder einem Rückschritt hatte diese Veränderung nichts zu tun. Meine Yogastunden sind nun mehr ausgelastet als jemals zuvor. Und es gibt nun tatsächlich freie Abende, an denen ich mir etwas Leckeres koche und es mir auf dem Sofa gemütlich mache.
„Wirklichkeit und Möglichkeit, wie die zwei Seiten einer und derselben Münze bedingen sie einander, beide zusammen allein sind die Münze.“
Albert von Trentini
Womit fordert dich das Leben derzeit heraus? Findest du einen Weg, die Herausforderung wie eine Münze zu drehen, und sie von all ihren Seiten zu betrachten? Was zeigt die Münze noch, außer der Herausforderung? Wo liegt ihr Glanz für dich?
Ich freue mich, von dir in den Kommentaren zu lesen!
Breathe.In.Breathe.Out
Namasté,
deine Moni
Comments